Erfolgreicher Widerspruch - Vorlage

Jamani

Erfolgreicher Widerspruch - Vorlage

Beitrag von Jamani » 17 Jul 2009, 19:46

Hallo!

Da die KKH nun meine Mütterkur genehmigt hat, möchte ich hier meinen Widerspruch veröffentlichen, als Hilfestellung für die, die noch alles vor sich haben.
Achtung! - Langer Text, aber wirkungsvoll! #D

WIDERSPRUCH


Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe Ihr Schreiben vom ..... erhalten und lege hiermit gegen Ihren ablehnenden Bescheid bezüglich der beantragten stationären Mütterkur-Maßnahme fristgemäß Widerspruch ein, da ich mit dieser Entscheidung nicht einverstanden bin.

Als Begründung gibt der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) an, dass "zurzeit keine stationäre Maßnahme erforderlich ist, da die Beschwerden durch ambulante Therapien am Wohnort wirksam behandelt werden können."
Es ist für mich unverständlich und nicht nachvollziehbar, wie der MDK nach sechswöchiger Antragsprüfung diese Aussage treffen kann, obwohl im vorgelegten ärztlichen Attest eindeutig und ausführlich beschrieben wird, dass Behandlungen am Wohnort nicht wahrgenommen werden können, da während dieser Zeit die Betreuung der Kinder nicht gewährleistet ist. Des Weiteren betont mein Hausarzt ausdrücklich, dass, um das angestrebte Ziel zu erreichen, die Herausnahme aus dem familiären Umfeld mit allen Verpflichtungen notwendig ist.
Der MDK stellt somit, meiner Meinung nach, die Kompetenz eines angesehenen Arztes in Frage. Mein Arzt sieht meinen tatsächlichen Gesundheitszustand und hat in dem vorliegenden Attest die Vielfalt meiner Beschwerden benannt, einschließlich der bereits erfolgten bisherigen Behandlungen.

In meiner Verantwortung für Kinder, Familie und Haushalt bin ich rund um die Uhr im Einsatz. Wenn ich ambulante Maßnahmen bei verschiedenen Therapeuten am Wohnort wahrnehmen soll, ist das im Familienalltag besonders schwierig, denn ich müsste vorher organisieren, dass die Kinder versorgt sind, was aufgrund fehlender Betreuungspersonen kaum möglich wäre. Und hinterher wäre keine Zeit zum Entspannen, sondern die Familienarbeit ginge unmittelbar weiter. Gerade durch diese permanente Belastung zu Hause werde ich daran gehindert, eine Krankheit ordentlich auszukurieren. Eine Mütter-Kur hingegen wäre eine sinnvolle Alternative, weil sie mich von bestimmten Alltagspflichten entlastet und ein kompaktes Behandlungsprogramm mit unterschiedlichen, indikationsgerechten Therapien ermöglicht.

Eine meiner Beschwerden möchte ich Ihnen näher beschreiben. Seit zwei Jahren leide ich an Retinopathia centralis serosa im linken Auge. Dieses ist eine Erkrankung der Netzhaut, die mit einem Verlust an Sehschärfe und Sehverzerrungen einhergeht und bei chronischem Verlauf zum Verlust des zentralen Sehvermögens führen kann.
Ursache ist das Eindringen von Flüssigkeit unter die Netzhaut. Die Medizin ist sich nicht sicher, wodurch diese Krankheit ausgelöst wird. Sicher ist aber, dass Stress einen großen negativen Einfluss auf diese Krankheit hat. Das habe ich auch bei mir selbst festgestellt. Unter Stress (z. B. nach einer schlaflosen Nacht wegen des unruhigen Schlafverhaltens meiner Kinder) werden die Beschwerden größer. Dadurch kann ich auf dem linken Auge nur sehr undeutlich sehen, es wird z. B. unmöglich zu lesen, fern zu sehen oder zu nähen. Ich bekomme Kopfschmerzen und Schwindelzustände, werde schnell müde und bin deshalb sehr unsicher im Straßenverkehr geworden. Dieser Umstand wiederum lässt mich nicht ruhiger werden, wie sie sich sicher vorstellen können. Im Gegenteil: Es entsteht Stress und Frust, der sich in der Familie ausbreitet und sich in schon so mancher überflüssigen Streiterei mit meinem Partner und auch mit meinen Kindern entladen hat. Das wiederum führt zu weiterem Stress und der Teufelskreis fängt von vorne an.
Um also diese Krankheit im Zaum zu halten, gilt es Stress weitgehend zu vermeiden bzw. Stressabbau zu lernen, wie im vorgelegten ärztlichen Bericht ersichtlich. Leider ist mir das in der Verantwortung und im pausenlosen Einsatz als Mutter, Ehefrau und Hausfrau zu Hause unmöglich.

Gegen meine Gelenk- und Rückenschmerzen, die nun schon seit 2003 mein ständiger Begleiter sind, nehme ich fast täglich Medikamente ein, nur um einigermaßen schmerzfrei durch den Tag zu kommen. Damals wurde mir Krankengymnastik verschrieben, was leider keinen Erfolg brachte.

Meine zusätzlichen Beschwerden, wie akuter Schlafmangel, Schlafstörungen, ständige Müdigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, depressive Verstimmung, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Magen-Darm- und grippale Infekte haben stark zugenommen und beeinträchtigen mein Wohlbefinden so massiv, so dass ich nur noch zu 50 % präsent sein kann und es bereits durch Unachtsamkeit und Vergesslichkeit zu gefährdenden Situationen für meine Kinder kam. Ich fühle mich ausgebrannt, körperlich und seelisch erschöpft und oft überfordert.

(Hier folgen nun einige sehr private Dinge, was die finanzielle Situation betrifft. Diese möchte ich euch hier ersparen....)

Diese Belastungen beeinträchtigen mein seelisches Gleichgewicht ganz massiv und haben mich krank gemacht.

Meine Gesundheitsprobleme sind so komplex, dass sie mit einzelnen ambulanten Maßnahmen nicht ausreichend behandelt werden können. Nach meiner Meinung und der Meinung meiner Ärzte sind in meinem Fall ausreichend medizinische Gründe gegeben, um eine stationäre Vorsorgemaßnahme bewilligen zu können.

Ich verspreche mir durch den Abstand vom belastenden Alltag bei entsprechender Therapie, sowie medizinischer und psychologischer Betreuung einen länger anhaltenden Kurerfolg für mich und dadurch bedingt auch eine Verbesserung der Beziehung zu meinen Kindern und meinem Partner.

Ich erhoffe mir, eine positivere Sichtweise für meine Zukunft zu bekommen, damit ich mein Leben trotz der belastenden Umstände und auftretenden Probleme im Alltag gut bewältigen kann. Ich weiß, dass ich Zeit für mich finden muss. Allerdings schaffe ich es im Moment nicht, aus diesem Kreislauf herauszukommen und verspreche mir durch die Kurmaßnahme, für diesen Ausstieg einen Anfang zu finden.

Grundsätzlich haben alle Frauen in Familienverantwortung Anspruch auf eine medizinische Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme nach §§ 24 und 41 SGB V, wenn diese medizinisch indiziert ist und der Arzt die medizinische Notwendigkeit dieser Maßnahme attestiert hat.
Nach Untersuchungen der Medizinischen Hochschule Hannover profitieren Kurteilnehmer noch mindestens ein Jahr lang von der Kur. Dies zeigt sich in wenigeren Krankheitstagen, einem geringeren Medikamentenkonsum und in einem positiveren Miteinander der Familie.

Mit der Gesundheitsreform im April 2007 hat der Gesetzgeber wichtige Änderungen für den Bereich Vorsorgemaßnahmen für Mütter entschieden. Die neuen Regelungen beinhalten, dass ambulante Maßnahmen nicht vorrangig sind bzw. nicht ausgeschöpft sein müssen, bevor eine stationäre Maßnahme bewilligt wird. Weil die körperlichen und seelischen Belastungen im Familien- und Erziehungsalltag krank machen können, sind Mütter-Kuren als stationäre Leistungen der medizinischen Vorsorge nun zu Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenkassen geworden und müssen genehmigt werden, wenn die medizinischen Voraussetzungen vorliegen.

Des Weiteren werden diese Kuren auch im Risikostrukturausgleich der Krankenkassen mit berücksichtigt, so dass Krankenkassen, die mehr Kuren genehmigen, einen finanziellen Ausgleich von den Kassen erhalten, die nur wenige Vorsorge- und Rehamaßnahmen bezahlen. Es "lohnt" sich für eine Krankenkasse also nicht mehr, an Mütter-Kuren zu sparen, indem der Antrag einfach abgelehnt wird.
Und somit ist auch die Begründung meiner Sachbearbeiterin vom ..... am Telefon haltlos, dass (ZITAT: "man auch die Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen in Betracht ziehen muss.").

Leider musste ich in der Vergangenheit immer wieder Negativberichte über die KKH lesen in Bezug auf die Genehmigung von Mütter-/Mutter-Kind-Kuren als stationäre Leistungen.
So auch im nachfolgenden Auszug einer Pressemitteilung vom 2. April 2009 (Interview mit Anne Schilling, Vorsitzende des Müttergenesungswerkes):
Neueste Zahlen des Deutschen Müttergenesungswerkes (MGW) bestätigen erneut die Wirksamkeit der Gesundheitsreform im Bereich der Mütter- und Mutter-Kind-Maßnahmen…..
ZITAT: „Allerdings werden noch immer 40% der Ablehnungen mit der Begründung "ambulant vor stationär" ausgesprochen“, erklärt Anne Schilling weiter. „Das ist illegal. Diese Regelung hat bereits seit 2007 keine Gültigkeit mehr. Negativer Spitzenreiter bei der Ablehnungsquote ist wieder die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) mit 54% Ablehnungen. „Angesichts von 2,1 Millionen Müttern…mit akutem Bedarf an einer solchen Gesundheitsmaßnahme raten wir gerade ihnen bei der Wahl einer Krankenkasse auf die Qualität von Familienleistungen wie Mutter-Kind-Maßnahmen zu achten“, betont Anne Schilling. (ZITATENDE)

Ich verweise hiermit auch auf Ihre Internetpräsenz, auf der es unter dem Punkt: "Stationäre Vorsorge- oder Rehabilitationsleistungen" heißt:
Nach entsprechender Antragstellung und Prüfung der medizinischen Notwendigkeit übernehmen wir die Kosten in einer ausgewählten Klinik, abzüglich der gesetzlichen Eigenanteile. Voraussetzung ist, dass die ambulante Behandlung am Wohnort oder eine ambulante Vorsorge am Kurort nicht ausreicht, um das Behandlungsziel zu erreichen.
Mein immer noch aktueller Kurantrag mit allen Facharztberichten liegt Ihnen vor. Sicherlich können Sie weitere Auskünfte von meinen behandelnden Ärzten erhalten und auch Einsicht in die entsprechenden Patientenakten nehmen. Selbstverständlich können Sie mich zur weiteren Prüfung zu einem Termin beim MDK laden. Bitte schlagen Sie mir in diesem Fall einen Termin schriftlich vor und stimmen diesen dann mit mir (wegen einer evtl. benötigten Kinderbetreuung, evtl. anderen Arztterminen usw.) ab.
Sollte mein Widerspruch keinen Erfolg zeigen, sehe ich mich gezwungen, den Rat von Frau Schilling anzunehmen, und werde mich einer Krankenkasse zuwenden, die meine Gesundheitsbedürfnisse ernst nimmt und sich für Mütter-/Mutter-Kind-Kuren stark macht.
Zu Ihrer Beachtung übersende ich Ihnen in der Anlage das Rundschreiben des Bundesversicherungsamtes Bonn vom 5. Februar 2008 bezüglich der MDK-Gutachten sowie die Pressemitteilung der Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt vom 23.4.2007 zur Gesundheitsreform.
Eine schriftliche Stellungnahme meines Hausarztes wird von ihm persönlich nachgereicht.

Ich bitte Sie, das bei der Antragstellung beigefügte ärztliche Attest und die neuerliche Stellungnahme sowie meine persönlichen Ausführungen noch einmal genau zu überprüfen.
In der Hoffnung auf eine Bewilligung meiner Kurmaßnahme verbleibe ich
mit freundlichem Gruß

kika

Beitrag von kika » 19 Jul 2009, 20:40

Hallo...sehr gut geschrieben.
Ich habe auch von der KKH eine Ablehnung erhalten, mit der begründung ich soll mir mehr persönliche Freiräume schaffen und zur Kinderbetreuung doch mal einen meiner Arbeitskollegen fragen....find diese ablehnungs ganz schön frech...
Ich habe vor ca. einer Woche meinen WS an die KKH geschickt und bin mal gespannt ob ich jetzt endlich die Zusage erhalte....
Ansonsten habe ich schon überlegt mit einen Wechsel der Krankenkasse zu drohen und bei Bedarf durchzuziehen...
LG

Jamani

Beitrag von Jamani » 20 Jul 2009, 09:17

Hallo!

Ja, wir müssen uns schon einiges gefallen lassen, ganz schön dreist die Antwort, die du bekommen hast.
Wünsche dir viel Glück beim Widerspruch!

Gruß, Jana

die-karlebercher

Kompliment

Beitrag von die-karlebercher » 23 Jul 2009, 09:58

Der Brief ist ja der Wahnsinn. Wielange hast Du denn daran geschrieben?
Mir wurde im letzten Jahr eine Kur aus den gleichen Gründen abgelehnt und ich habe zwar widersprochen (kurz und knapp), habe aber eine erneute Ablehnung bekommen.

Dann habe ich die Krankenkasse gewechselt und heuer einen neuen Antrag gestellt und - obwohl erst seit 7 Monate da versichert - der Antrag wurde genehmigt.

Jetzt darf ich mir noch einen Termin und eine Klinik aussuchen und los gehts.

Ich wünsche Euch viel Spaß und nochmal "Kompliment" für diese tollen Brief.

LG Margit

Jamani

Beitrag von Jamani » 04 Aug 2009, 09:16

Hallo, Margit!

Sorry, für die späte Antwort - war lange Zeit nicht online - Computer hatte Gewitterschaden. #D

Ich habe den Widerspruch natürlich nicht an einem Tag geschrieben, geht schon mal wegen der Kinder zeitlich überhaupt nicht. Mit Hilfe der Vorlagen hier im Forum habe ich das aber innerhalb einer Woche auf die Reihe bekommen.

Gruß, Jana

die-karlebercher

Beitrag von die-karlebercher » 08 Aug 2009, 22:14

Hallo Jana,

ich habe gar nicht damit gerechnet, dass Du noch einmal auf meine Frage antwortest, nicht, weil schon so viel Zeit vergangen ist, sondern weil die Frage eigentlich nicht ganz so ernst gemeint war, sondern lediglich das Kompliment an Dich noch deutlicher machen sollte.

Das ist wirklich ein super Brief und ich glaube, dass jede Kasse da eigentlich keine Chance hätte, noch einmal abzulehnen.

Kompliment nochmal und vielen Dank (im Auftrag all derer, die ihn brauchen), dass Du Dir die Mühe gemacht hast, ihn hier reinzustellen.

Das ist wirklich ein klasse Forum und ich nehme mir fest vor, nach meinem Kuraufenthalt eine Bewertung für die Klinik zu schreiben, um allen hier etwas zurückzugeben, obwohl auch da schon eine super Bewertung vorhanden ist.

Gruß Margit

zuckerschnaeuzchen

Beitrag von zuckerschnaeuzchen » 18 Aug 2009, 09:02

Hallo,

ich warte noch auf den Bescheid meiner Krankenkasse (HEK). Hoffe, dass ich Deine Vorlage nicht brauche. Aber wenn doch, werde ich auf diese zurückkommen. Gut geschrieben.

rodsan

Respekt

Beitrag von rodsan » 28 Aug 2009, 07:27

Hallo Jamani,

na das ist doch mal ein wirklich wirkungsvoller Widerspruch. Die Vorlage ist wirklich genau durchdacht.

Viel Glück damit.

LG

loulau1329
Beiträge: 238
Registriert: 30 Jul 2009, 21:05

Beitrag von loulau1329 » 28 Aug 2009, 08:21

Ein super Widerspruch !!!

Ich denke, ich brauch auch ....

Danke für Deine Mühe
1999 MuKiKur Dahme
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2014 MukiKur Bordelum
2015 Kinderreha Scheidegg
2016 Kinderreha Scheidegg

Wintersonne

Beitrag von Wintersonne » 10 Sep 2009, 15:51

Hallo Jamani,
es ist toll, dass Du Deinen Widerspruch hier veröffentlichst! Wow, der ist ja richtig ausführlich! sowas brauche ich auch....
Ich bin auch gerade am Überlegen, wie ich meinen Widerspruch schreibe und ganz schnell davon abgekommen, ihn ganz knapp zu halten. hat wahrscheinlich keinen Sinn, es kurz zu machen. Werde auch ausführlicher schreiben.
Drücke Dir die Daumen!!!!
Liebe Grüße von
Wintersonne

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